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Dieses und alle weiteren Interviews sind auch als Podcast Version in unserem Melagence Podcast verfügbar.
Lieber Markus, kannst du uns ein bisschen über dich und über Park in Wien erzählen?
Ursprünglich komme ich aus dem Design. Ich habe in den späten 90ern Mode in Antwerpen studiert und nach meinem Studium arbeitete ich mit Raf (Simons) in Wien an der Universität für Angewandte Kunst, wo ich ein paar Jahre lang die Modeklasse als Assistent betreute.
Du warst damals noch ziemlich jung, als ihr den Store eröffnet habt, richtig? Wie alt warst du?
Ich denke, ich war ungefähr 30 Jahre alt. Ich war relativ jung, als ich die Assistentenstelle bei Raf übernahm. Es war etwas Besonderes, weil es Studenten gab, die älter waren als ich. Aber es war auch in gewisser Weise gut, weil man ihnen “nah” war. Es hat Spaß gemacht!
Damals war es eine andere Zeit. Avantgarde war total im Aufschwung. Junge Designer waren sehr angesagt. Leute wie Raf machten in kurzer Zeit eine riesige Karriere.
Ich begann, nach dem perfekten Standort für unseren Laden zu suchen. Ich wusste, dass ich, wenn ich keine geeignete Location finden würde, es lieber gar nicht machen würde. Letztendlich hatte ich großes Glück und entdeckte zufällig diesen Ort in der Nähe meiner Wohnung. Es gab diese sehr seltsamen, verspiegelten, riesigen Fenster. Es sah aus, als würde dort niemand rein- oder rausgehen. Also recherchierte ich und es stellte sich heraus, dass die Fläche leer stand.
Was war vorher dort drin? Weißt du das?
Davor war dort eine Art Computerschulungseinrichtung. Ursprünglich gab es zwei separate Ebenen und alles war mit abgehängten Decken bedeckt. Man konnte die massive Betonstruktur darunter nicht sehen. Wir haben es komplett umgebaut.
Wie groß ist der Laden?
Er ist riesig, etwa 500 Quadratmeter, aber das beinhaltet auch Büro- und Lagerflächen.
Für diejenigen, die noch nie im Park in Wien waren, es ist wirklich einer der größten und geräumigsten Läden in unserer Region….
Heutzutage ist es fast unmöglich, einen derartigen Ort zu finden, vor allem nicht zu diesem Preis. Wir sind 2004 eingezogen, als wir mit der Renovierung begannen. Damals war die Gegend nicht das, was sie heute ist, mit einem trendigen Laden nach dem anderen. Meine Freunde hielten mich alle für verrückt und sagten, es würde nie funktionieren. Aber wir dachten, no risk no fun! Lass es uns versuchen! Schließlich funktionierte es.
Hattet ihr von Anfang an ein Konzept?
Wir starteten mit einem sehr breiten Portfolio. Es waren nicht nur verschiedene nahmhafte Brands Teil des Ladens. Wir arbeiteten auch mit Studenten der Universität zusammen. Eine Zeit lang hatten wir auch ein Projekt mit Designern aus Österreich im oberen Stockwerk.
Es war in der Tat immer sehr vielfältig. Im Grunde war es eine Mischung aus all den Dingen, die wir spannend fanden.
Natürlich hat das Studium in Antwerpen und die Verbindung mit Raf (Simons) Türen geöffnet, um andere Labels in den Laden zu bekommen. Wenn man anfängt, braucht man ein paar Marken, um andere dazu zu bringen, mitzumachen.
Ich erinnere mich damals, als wir das erste Mal zur Fashion Week in Paris waren, da war es bei vielen Designern wie eine Art Vorsprechen. Ich nenne an dieser Stelle keinen Namen, aber es gab eine Brand, bei dem wir wirklich wie in einer Schulsituation -von Lehrer zu Schüler- eine halbe Stunde lang befragt wurden.Schließlich wurden wir dann aus dem Raum hinaus geschickt und mussten warten. Das war wirklich sehr lustig damals!
Habt ihr die Brand dann letztlich für euch gewinnen können?
Naja, sie wollten uns nur die Second Line geben. Da haben wir nein gesagt:)
Wie hat sich der Laden in den letzten 20 Jahren entwickelt? Was hat sich deiner Meinung nach verändert?
Wir haben am 12. Februar 2004 eröffnet und im März gefeiert. Letzten Sommer haben wir renoviert. Wir haben 19 Jahre lang auf zwei Etagen Mode verkauft und uns letzten Frühling entschieden, das zu ändern und uns auf eine Etage zu konzentrieren. Teilweise, weil wir oben etwas anderes machen wollten, und teilweise, weil wir bemerkten, dass die Leute nicht so viel Zeit haben. Jetzt ist alles kompakter und man bekommt schneller einen Überblick. Oben haben wir Platz, den wir alle zwei bis drei Monate für verschiedene Dinge nutzen. Zu unserem 20. Jubiläum hatten wir eine Fotoausstellung mit dem Titel "Park 20, The Merchandise Show".
Was war das für eine Fotoausstellung?
Es war keine Fotoausstellung im klassischen Sinne. Ich wollte Merchartikel für unser Jubiläum machen, die erschwinglicher sind als unser übliches Sortiment. Da gab es verschiedene Produkte wie Fotowebdecken, Handtücher, T-Shirts mit Drucken und ein Memospiel.
Das klingt spannend.
Ja, das Memospiel haben wir mit Ernestine Stollberg gemacht, einer 95-jährigen Dame, die durch uns zum Model wurde. Sie kam 2016 mit unserem Hund in unseren Laden und blieb vier Jahre bei uns. Zwei Jahre lang saß sie einfach so im Laden, dann fotografierten wir sie fast täglich für weitere zwei Jahre.
Ja, das war ein riesiger Social-Media-Erfolg.
Es war damals in allen Medien. Sie war wirklich ein Model und konnte alles tragen und performen. Das war sehr speziell und hat am Frauenbild der heutigen Zeit gerüttelt, es gab sowohl positive als auch negative Reaktionen. Wir haben täglich Fotos gemacht und aus den 300.000 Fotos, die entstanden sind, gibt es jetzt zwei Memospiele mit den besten Bildern.
Bauen eure ganzen Merch-Artikel auf den Fotos von Erni auf oder sind das unterschiedliche?
Ja, es sind viele Fotos von Erni dabei. Es sind aber auch Bilder aus dem Laden, vom Schaufenster, private Bilder, Bilder vom Showroom in Paris, von Fashion Shows, eben alles, was uns ausmacht. Die Ausstellung sollte zeigen, wer wir sind und wie wir leben, und unsere Geschichte erzählen.
Mir war es wichtiger, unser Lebensgefühl nach 20 Jahren zu zeigen, als viel daran zu verdienen.
Das zeigt, wie der Store auch eure Charaktere widerspiegelt. Es gibt keine wirkliche Grenze, oder?
Ja, die Grenzen verschwimmen. Aber ich versuche, mich auch abzugrenzen und mehr in der Natur zu sein, was mit einem Hund sowieso der Fall ist. Insgesamt finde ich es wichtig, eine gewisse Balance zu finden. Früher hätte man noch dreimal über eine Idee nachgedacht, heute geht man entspannter an die Sachen heran.
Was hat sich deiner Meinung nach im Einkauf in den letzten 20 Jahren verändert?
Es ist schwieriger für junge Designer, sich heute zu präsentieren und zu vermarkten. Es gibt wahnsinnig viele Brands, viel mehr als vor 20 Jahren. Eine Kollektion sollte eine Identität haben, Eigenständigkeit und Wiedererkennbarkeit. Das findet man heute nicht mehr so leicht, vieles ist sehr austauschbar, wahrscheinlich wegen der sozialen Medien. Es gibt immer noch spannende Labels, aber es ist schwieriger, diese auch zu finden.
Ich glaube, das spüren viele…
Ja, auch durch die Corona-Krise und die aktuelle Weltlage spüren wir, dass die Umsätze zurückgehen. Luxusartikel sind in der Krise nicht so gefragt, und alles ist teurer geworden. Wir haben weniger Kunden, aber mehr große Einkäufe. Es ist eine schwierige Zeit, aber wir überlegen ständig, wie relevant wir sind. Oder ob es sinnvoll ist, weiterzumachen oder Platz für eine jüngere Generation zu machen. Ich habe trotzdem noch Lust darauf und sehe Potenzial. Neue Kunden kommen zu uns, und das macht mir Mut.
Das ist schön zu hören…
Ja, es gibt immer wieder Leute, die uns nach 20 Jahren entdecken und fragen, ob wir neu sind. Das freut mich sehr und zeigt, dass das Potenzial noch nicht ausgeschöpft ist.
Was hält deine Leidenschaft am Leben?
Es fühlt sich an, als könnte ich nichts anderes machen. Ich habe es studiert, gelernt und fühle es. Ich frage mich, was ich sonst machen könnte? Mir fällt nichts ein.
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Hello Markus,can you tell us a bit about yourself and about Park in Vienna.
Well, I originally come from design. I studied fashion in Antwerp in the late '90s and then after my studies, I worked with Raf (Simons) in Vienna at the University of Applied Arts, supervising the fashion class as an assistant for a few years.
May I ask quickly, you were still quite young at that time, right? How old were you?
I think I was just about 30 or so. I was relatively young when I took on the assistant position with Raf. It was very special because there were students who were older than me. But it was also good in a way because you were close to them. It was fun!
Back then it was a different time. Avant-garde was totally on the rise. Young designers were very trendy. People like Raf had a huge career in a short time.
I started looking for the perfect location for a store which was very important to me. I knew that if I couldn’t find a suitable place, I would rather not do it at all. Ultimately, I was very lucky to randomly discover this place near my apartment. There were these very strange, mirrored, huge windows. It looked like nobody ever went in or out. So I did some research and it turned out it was vacant.
What was in there before? Do you know?
There was some computer training thing in there before. Originally, there were two separate levels and everything was covered with drop ceilings. You couldn't see the massive concrete structure underneath. We completely remodeled it.
How big is the store?
It’a huge, since it’s about 500 square meters, but that includes office and storage space.
For those who haven’t been to Park in Vienna, it’s really one of the largest and most spacious stores in our market…
Today, it’s nearly impossible to find such a place, especially not at that price. We moved in around 2004 when we also started the renovation. Back then, the district wasn’t what it is today with one trendy store after another popping up. My friends all thought I was crazy, saying it would never work. However, we thought, no risk, no fun! Let’s try! And it quickly took off.
Did you have a concept in the beginning?
We started with a very broad portfolio. Not only were different fashion brands part of the store, we also collaborated with students from the university I used to work at. For a while, we also had a project with Austrian designers on the upper floor. It was indeed very diverse. Basically, it was a mix of all the things we found exciting.
Of course, studying in Antwerp and the connection with Raf opened doors to get other labels into the store. When you start, you need a few brands to get others to join.
I remember when we went to Fashion Week in Paris for the first time, it felt like an audition with many designers. I won't name names, but there was one brand where we were questioned for half an hour, just like in a school situation—teacher to student. Finally, we were sent out of the room and had to wait. It was really funny back then!
Yes, it was really different back then. Did you end up winning over the brand?
Well, they only wanted to give us the second line. So, we said no.:)
How did the store perform over the last 20 years? What has changed in your opinion?
We opened on February 12, 2004, and celebrated in March. Last summer we renovated. We sold fashion on two levels for 19 years and decided to change it last spring, concentrating fashion on one floor. Partly because we wanted to do something different upstairs, and partly because we noticed people didn’t have as much time. They tend to be overwhelmed by store floors. It’s all more compact now and you get a quicker overview. Upstairs, we have a space that we use for different things every two to three months. For our 20th anniversary, we had a photo exhibition, the title was "Park 20, The Merchandise Show".
What kind of photo exhibition was that?
It wasn't a traditional photo exhibition. I wanted to create merchandise items for our anniversary that are more affordable than our usual range. There were various products like photo blankets, towels, T-shirts with prints, and a memory game.
That sounds exciting.
Yes, we made the memory game with Ernestine Stollberg, a 95-year-old woman who became a model through us. She came into our store in 2016 with our dog and stayed with us for four years. For two years, she just sat in the store, and then we photographed her almost daily for another two years.
Yes, it was a huge social media success.
It was in all the media at that time. She really was a model and could wear and perform anything. It was very special and challenged the current image of women, leading to both positive and negative reactions. We took daily photos, and from the 300,000 photos that were taken, we now have two memory games with the best images.
Do all your merchandise items build on the photos of Erni, or are they different?
Yes, there are many photos of Erni. But there are also pictures from the store, the shop window, private pictures, pictures from the showroom in Paris, from fashion shows—everything that defines us. The exhibition was meant to show who we are and how we live, and to tell our story. It was more important to me to convey our lifestyle after 20 years than to make a lot of money from it.
That shows how the store Park also reflects your characters. There are no real boundaries.
Yes, the boundaries blur. But I try to set some boundaries and spend more time in nature, which is inevitable with a dog. Overall, I find it important to achieve a certain balance. In the past, we might have rethought an idea several times, but now we approach things more relaxed.
You probably started with looking for brands for the store a bit before the opening. What do you think has changed?
It has become harder for young designers to present and market themselves today. There are an incredible number of brands, much more than 20 years ago. A collection should have an identity, individuality, and recognizability. That's harder to find today; much is very interchangeable, probably because of social media. There are still exciting labels, but it's more difficult to find them.
I think many people feel the same.
Yes, also due to the Corona crisis and the current world situation, we notice that sales drop when something terrible happens. Luxury items are not in demand during crises, and everything has become more expensive. We have fewer customers but more large purchases. It's a difficult time, but we constantly consider how relevant we are and whether it makes sense to continue or to make room for a younger generation. I still have a passion for it and see potential. New customers come to us, and that gives me hope.
That's nice to hear.
Yes, there are always people who discover us after 20 years and ask if we are new. That makes me very happy and shows that the potential is not yet exhausted.
What keeps your passion alive?
It feels like I can’t do anything else. I studied it, learned it, feel it. I question myself, what else can I do? Nothing comes to my mind.